Anschließend an Thomas Schmögners Glosse über Heim- und Kirchenorgeln sei angemerkt, daß die zunehmend unbedachte Ausdrucksweise auch auf unseren guten alten Verwandten, das Klavier, übergreift. Schreibt doch da neulich jemand in einer Wochenendbeilage, Abteilung Reise, über den Orientexpress und hebt hervor, daß da beim Fünf-Uhr-Tee „nicht auf dem Klavier, sondern auf dem Flügel“ gespielt wird.

Und da erinnert man sich, dass in Rezensionen über klassische Klavierabende bisweilen auch schon vom „Piano“ die Rede war, auf dem der Künstler dieses ausdrucksvoll und jenes ausdrucksarm gestaltet habe. Sehr gut – reden einmal wir über den einen oder anderen Ausdruck:

KLAVIER: ein Überbegriff für alle Instrumente, bei denen Saiten mittels einer Klaviatur mit Hämmern angeschlagen werden. Pianino, Stutzflügel, Konzertflügel – all das ist ein Klavier. Heutzutage wird allerdings auch ein K. mit elektronischer Tonerzeugung schlicht als K. bezeichnet.

CLAVIER: bis zum Ende der Barockzeit überbegriffliche Beifügung für alles, was mit Tasteninstrumenten zu tun hat (Claviermusik, Claviervirtuose …) – nicht aber für ein bestimmtes Instrument.

Ein teilweise vergleichbarer Fall ist

KEYBOARD: (a) im Englischen der Ausdruck für alle Klaviaturen bei Orgel (Manual, Pedal), Klavier, Cembalo, Clavicord etc. (b) im Deutschen inzwischen als Bezeichnung für elektronische Klangerzeuger egal welcher äußeren Gestalt gebräuchlich, solange sie per, äh, Keyboard gespielt werden.

PIANINO: Klavier mit aufrecht stehenden Saiten, mehr hoch als lang. (”Upright” ist die englische Bezeichnung für Pianino.)

PANINO: was zum Essen.

PIANOLA: keineswegs das zum Pianino passende Weibchen, sondern ein Klavier mit automatischer bzw. Selbst-Spieleinrichtung.

PIANO: (a) Englisches Wort für Klaviere aller Arten. „Piano“ als Bezeichnung für ein Instrument gibt es im Deutschen nicht; im Zusammenhang mit Jazz ist diese englische Bezeichnung jedoch allgemein auch in deutschen bzw. anderssprachigen Texten üblich. (b) Eingedeutschtes italienisches Wort für „leise“.

E-PIANO: Tasteninstrument, bei dem Klavierklang elektronisch erzeugt wird; die Bezeichnung ist unabhängig von der äußeren Form des Geräts.

FLÜGEL: (a) Ein Klavier mit horizontal liegendem Resonanzboden im Unterschied zum Pianino. F. wird oft als alternativer Ausdruck für „Klavier“ zur Unterscheidung vom Pianino verwendet. (b) Teil eines Gebäudes. (c) Extremität beim Vogel. (d) Bezeichnung für einen Teil einer Partei oder sonstigen soziologischen Gruppierung.

Sollte man all das wieder etwas genauer nehmen? Nur weil einem beim Kritikschreiben momentan der Wortschatz knapp wird, kann man Schubertsonaten nicht auf einem Piano erklingen lassen. Andernfalls lesen wir demnächst, dass in Haydns Paukenmesse die Drums besonders groovy performed haben.

 

[ Danke für euren Input, Maria Helfgott und Peter Donhauser! ]

Peter Planyavsky